
Aktuell
Uri ritzt Sozialhilfetabu
In jüngerer Zeit haben mehrere Kantone Revisionen ihrer Sozialhilfegesetze erarbeitet oder bereits umgesetzt, die grundlegende Abweichungen von den SKOS-Richtlinien bestätigen oder neu einführen wollen. Dazu zählen etwa die Kürzung des Grundbedarfs bei Langzeitbezug (Kanton Baselland) oder bei als ungenügend erachteten Sprachkenntnissen (Bern); die Beibehaltung der Rückerstattung aus Erwerbseinkommen und sogar aus Kapital der gebundenen Vorsorge (Graubünden und Freiburg), vereinfachte Leistungskürzungen bis auf Nothilfeniveau - und die in Luzern bereits beschlossene und in Bern und Uri vorgeschlagene Anrechnung von Vermögensverzicht. Am 18. Mai 2025 stimmt der Kanton Uri über die Revision des Sozialhilfegesetzes und damit über diese aus Sicht der UFS unsägliche Verschärfung ab. Die geplante Einführung des Vermögensverzichtes bedeutet: Wer aus Sicht der Behörden in den letzten zehn Jahren zu viel Geld ausgegeben hat, dem kann in der Folge die Sozialhilfe gekürzt werden. Im Beobachter kritisiert Christophe Roulin von der Fachhochschule Nordwestschweiz diese Absicht scharf. Sie widerspreche dem in der Bundesverfassung verankerten Anspruch auf Hilfe in Not. Lesen Sie hier das Interview von Christoph Roulin im Beobachter: Interview_Beobachter_Roulin
Verfassungwidrig und unnötig
Die Anrechnung eines allfälligen Vermögensverzichts bei der Berechnung der Sozialhilfe ist in mehrfacher Hinsicht äusserst problematisch und fragwürdig. Erstens widerspricht diese Absicht sowohl der Bundesverfassung (Recht auf Hilfe in Notlagen) wie auch dem Bundesrecht. Dazu liegt bereits ein einschlägiges Bundesgerichtsurteil vor. Zweitens legt der Regierungsrat in einem Beitrag in der Nidwaldner Zeitung vom 17. April 2025 selber dar, dass die Verschärfung unnötig ist. Denn als Beispiel für einen Vermögensverzicht wird immer wieder das fiktive Beispiel von Grosseltern angeführt, die ihre Enkelin für das Studium mit 10'000 Franken unterstützen. Dieses Geld könne nun bis zu zehn Jahren rückwirkend als Einkommen verrechnet werden, wenn die Grosseltern später Sozialhilfe für die Altersheim-Kosten beantragen müssen. Später im selben Artikel verweist der Regierungsrat aber selber auf die sogenannte «Verwandtenunterstützung» die besagt, dass Verwandte in gerader Linie (Eltern, Kinder, Grosseltern) einander Unterstützung zu leisten haben, sofern sie finanziell dazu in der Lage sind. Fazit: Die Einführung des sogenannten Vermögensverzichts widerspricht nicht nur der Bundesverassung und dem Bundesrecht, sondern ist schlicht überflüssig.