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Verschärfung des Urner Sozialhilfegesetzes abgelehnt
Am 18. Mai 2025 hat die Urner Bevölkerung die Revision des kantonalen Sozialhilfegesetzes verworfen. Die Nein-Stimmenmehrheit war zwar sehr knapp. Nur gerade 136 Stimmen überwogen die Nein-Stimmen den Ja-Stimmenanteil (49,3 % Ja, 50,7 % Nein) Aber ein Nein ist ein Nein. Die UFS findet: Das ist nicht nur ein überraschender, sondern vor allem ein sehr kluger Entscheid. Mit der Revision wären zwei Verschärfungen eingeführt worden wären, die aus Sicht der UFS unnötig und in einem Fall sogar rechtswidrig gewesen wären. Gemeint sind die geplante Einführung von Sozialdetektiven und die Möglichkeit, die Sozialhilfe bei freiwilligem Vermögensverzicht zu kürzen. Die UFS hat vor allem diese geplante Möglichkeit kritisiert.
Engagement hat sich gelohnt
Die geplante Revision hat im Vorfeld zu einer engagierten Debatte mit vielen Leserbriefen in den Medien geführt. Ab und zu wurden auch deutliche Worte gewählt. So fragte eine Landrätin in der Urner Zeitung die Leser:innen: «Hassen Sie von Armut betroffene Menschen? Wenn Sie am 18. Mai für das Sozialhilfegesetz stimmen, mit Sicherheit.» Heute kann man sagen: Nein, die Urnerinnen und Urner hassen in der Mehrheit Armutsbetroffene nicht. Sie sind für ein Sozialhilfegesetz, das den Sozialhilfebeziehenden mit Würde und nicht mit Misstrauen begegnet.
Sozialdetektive sind überflüssig
Aus Sicht der UFS ist es positiv zu werten, dass Sozialdetektive nun nicht eingeführt werden können. Sozialdetektive sind einfach unnötig. Natürlich müssen sich Sozialhilfebeziehende an das Gesetz und die Vorgaben halten. Wenn sie das nicht tun, haben sie mit Leistungskürzungen oder gar mit Verfolgung durch die Strafbehörden zu rechnen. Aber die Schweiz kennt seit langem eine Institution, die gegen Rechtsbrüche vorgeht. Sie nennt sich Polizei. Besteht ein begründeter Verdacht, dass ein Sozialhilfebeziehender oder eine Sozialhilfebeziehende sich nicht ans Gesetz hält, so ist die Polizei einzuschalten. Sie verfügt über alle Mittel und Rechte, die Sachlage zu klären. Es braucht keine parallele, private «Sozialhilfepolizei».
Kürzungen bei freiwilligem Vermögensverzicht sind rechtswidrig
Noch schlimmer hat die UFS jedoch die geplante Möglichkeit empfunden, die Sozialhilfe bei freiwilligem Vermögensverzicht zu kürzen. Um die Unsinnigkeit dieser Massnahme zu illustrieren, nehmen wir das Beispiel, das der Urner Regierungsrat immer wieder angeführt hat. Es kann vorkommen, dass Grosseltern eine Enkelin mit einem Erbvorbezug von 10 000 Franken beim Studium finanziell unterstützen möchten. Geraten sie in den kommenden 10 Jahren in eine missliche Situation und müssen Sozialhilfe beanspruchen, so hätte dies die Sozialbehörde künftig als freiwilligen Vermögensverzicht werten und den Erbvorbezug als Einkommen anrechnen können. Die Folge wäre eine deutliche Kürzung der Sozialhilfe gewesen. Absurd und rechtlich unhaltbar! Es gibt wohl niemanden, der plant, 10 Jahre nach der finanziellen Unterstützung von Kindern oder Enkeln in Armut zu geraten und sich ein «gemütliches Leben» mit der spärlichen Sozialhilfe zu machen. Das sieht auch das Bundesgericht so. 2007 hat es in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass einem Mann, der seinen Kindern als Erbvorbezug Vermögen überlassen hat, die Sozialhilfe nicht gekürzt werden dürfe. Während der Kanton Schwyz in der Folge darauf verzichtet hat, einen entsprechenden Passus im Sozialhilfegesetz festzuhalten, wollte dies der Kanton Uri nun unbesehen der klaren Gesetzeslage tun. Der Urner Regierungsrat sah sich wohl auf der sicheren Seite, denn auch der Kanton Bern will den freiwilligen Vermögensverzicht als Kürzungsgrund der Sozialhilfe gesetzlich festhalten. Und das Wallis und Luzern haben dies in etwas abgeschwächter Form bereits getan.
Ein wirkungsloser Gesetzesparagraph?
So werden in Luzern beispielsweise nicht zehn, sondern «nur» die letzten fünf Jahre vor dem Sozialhilfebezug durchleuchtet. Ob es seit der Einführung dieser Möglichkeit je zu einer Kürzung der Sozialhilfe gekommen ist, ist allerdings unbekannt. Kennen Sie armutsbetroffene Menschen, denen im Kanton Luzern wegen des freiwilligen Vermögensverzichts die Sozialhilfe gekürzt worden ist oder die von einer Kürzung bedroht sind? Oder sind sie von einer entsprechenden Sanktion gar selber betroffen? Wir sind an einem Kontakt mit Ihnen interessiert. Denn wir sind davon überzeugt: Das Bundesgericht würde eine Sozialhilfekürzung aufgrund eines freiwilligen Vermögensverzicht unterbinden. Helfen Sie uns, diese illegale Praxis zu stoppen.