
Aktuell
Kindesvermögen gehört den Kindern und niemandem sonst
Eigentlich ist die Rechtslage eindeutig, wenn es um Einkünfte und Vermögen von armutsbetroffenen Kindern geht. Und doch kommt es bei der Berechnung der Sozialhilfe immer wieder zu Fehlern, die geeignet sind, die Zukunftsperspektiven der Kinder zu beeinträchtigen. Diese Fehler könnten vermieden werden, würden alle Sozialdienste die Rechte der Kinder in den Fokus rücken.
Zwei Kinder im Zentrum
Das betrifft zum Beispiel zwei Kinder mit Wohnsitz in einer Aargauer Gemeinde – ein Mädchen und ein Junge. Zusammen mit ihrer Mutter bezogen sie Sozialhilfe. Nachdem den Kindern über ihren Vater rückwirkend für zwei Jahre IV-Renten und Ergänzungsleistungen zugesprochen wurden, konnten sie und ihre Mutter von der Sozialhilfe abgelöst werden. Die rückwirkenden Kinderrenten wurden in der Folge zwecks Verrechnung mit den bezogenen Sozialhilfeleistungen an den zuständigen Sozialdienst ausbezahlt. Soweit so gut. Bei der Verrechnung stellte sich der Sozialdienst dann aber auf den Standpunkt, dass die gesamten Kinderrenten verrechnet werden dürfen. Dies obwohl die Kinderrenten höher waren als ihr Anteil an den bezogenen Sozialhilfeleistungen. Das heisst, er hat ausgerechnet, wie viel Sozialhilfe bezogen wurde, und vom errechneten Gesamtbetrag die Einkünfte der Kinder wieder abgezogen.
Einkommen von Kindern für die Kinder verwenden
Dass man Einkommen von Kindern eins zu eins mit bezogenen Sozialhilfeleistungen verrechnet, wäre zwar für die Sozialdienste ab und zu vorteilhaft, zielt am Gesetz aber deutlich vorbei. Denn aus dem Gesetz (vgl. Art. 319 Zivilgesetzbuch) folgt, dass Einkommen von Kindern in armutsbetroffenen Familien höchstens entsprechend deren Anteil am Gesamtbudget anzurechnen sind. Der Rest ist den Kindern als Kindesvermögen gutzuschreiben. Beträgt der Anteil eines Kindes am errechneten Sozialhilfebudget zum Beispiel CHF 500, so darf ein allfälliges Einkommen aus einer IV-Rente und aus Ergänzungsleistungen der AHV nur bis zu diesem Betrag in die Berechnung des Gesamtbudgets einbezogen werden. Sind die Einkünfte höher, beispielsweise CHF 700, so muss der Überschuss – in unserem Beispiel also CHF 200 - als Kindesvermögen auf die Seite gelegt werden.
Die Kinder in den Fokus rücken
Genau um so eine Situation ist es bei den betroffenen Kindern gegangen. Ihre rückwirkend ausbezahlten Einkommen aus der jeweiligen IV-Rente und den Ergänzungsleistungen der AHV haben deren Anteil am Gesamtbudget der Familie deutlich überschritten. Der zuständige Sozialdienst hat diesen Überschuss aber nicht als Kindesvermögen anerkannt, sondern vollumfänglich mit den bezogenen Sozialhilfeleistungen verrechnet. «So geht das aber doch nicht», hat sich die Mutter gedacht und sich an die Rechtsberatung der UFS gewendet. Diese hat sich mit dem Sozialdienst in Verbindung gesetzt und diesen auf den Fehler hingewiesen. So klar sich die Rechtslage gezeigt hat, so lange hat es gedauert, bis endlich ein rechtskräftiger Entscheid vorlag. Inzwischen aber ist klar: Die Einkommensanteile, welche die Sozialhilfeanteile der Kinder übersteigen, müssen als Kindesvermögen auf die Seite gelegt werden bzw. dürfen bei einer rückwirkenden Auszahlung der Kinderrenten nur im Ausmass der von den Kindern bezogenen Leistungen verrechnet werden. Für die Mutter bedeutet dies, dass sie, sollte es ihr wirtschaftlich wieder besser gehen, etwas mehr Sozialhilfe zurückzahlen muss. Für die Kinder lautet die gute Nachricht, dass der Sozialdienst ihnen fast CHF 10'000 von den ausbezahlten Kinderrenten als Kindesvermögen belassen musste.