Armutsbetroffenen im Aargau werden weiterhin grundlegende Rechte verwehrt
Die Unabhängige Fachstelle für Sozialhilferecht UFS kritisiert den heutigen Entscheid des aargauischen Grossen Rats, keine rechtlichen Grundlagen für die Finanzierung von Rechtsberatungsstellen für Sozialhilfebeziehende zu schaffen.
Im Kanton Aargau können sich weiterhin nicht alle Sozialhilfebeziehenden gegen Fehlentscheide der Behörden wehren. Die bürgerliche Mehrheit im Grossen Rat hat in seiner Sitzung vom 8. Dezember einen Vorstoss abgelehnt, der die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Finanzierung von spezifischen und unentgeltlichen Rechtsberatungsangeboten verlangte. Für die Betroffenen hat der negative Beschluss weitreichende Folgen.
«Fehlentscheide in der Sozialhilfe haben für die Armutsbetroffenen schnell existenzielle Konsequenzen», sagt Andreas Hediger, der Geschäftsleiter der Unabhängigen Fachstelle für Sozialhilferecht UFS. Trotzdem können sich diese kaum dagegen wehren. «Das Sozialhilferecht ist komplex, Armutsbetroffene haben kein Geld für eine Anwältin oder einen Anwalt - auch unentgeltlicher Rechtsbeistand wird selten gewährt», sagt Andreas Hediger. Und beim Aargauischen Anwaltsverband, mit dem der Kanton einen Leistungsvertrag hat, ist niemand auf Sozialhilferecht spezialisiert. Auch dort erhalten Sozialhilfebeziehenden also nicht die rechtliche Unterstützung, die sie benötigen.
Einzige Beratungsstelle hat nicht ausreichend Kapazitäten
Die UFS ist die einzige Beratungsstelle, die im Aargau Sozialhilfebeziehenden rechtlich berät. Die bisher gänzlich durch Spenden finanzierte UFS operiert schon lange an ihrer Kapazitätsgrenze. Rund die Hälfte der Anfragen muss deshalb von ihr abgelehnt werden.
Somit ist klar: Der in der Bundesverfassung festgeschriebene Zugang zum Recht ist im Aargau auch weiterhin nicht für alle gewährleistet – und somit ist die Rechtsstaatlichkeit bis auf Weiteres nicht garantiert. Der Kanton steht deshalb weiterhin in der Pflicht. Er muss seine Verantwortung wahrnehmen und eine Finanzierung erneut prüfen.
(Publiziert: 8.12.2020)