Beachtliches Medienecho auf St. Galler Verwaltungsgerichtsentscheid
Das Urteil des St. Galler Verwaltungsgerichts hat ein beachtliches Medienecho ausgelöst. So haben unter anderem der Tages-Anzeiger, die Zeitung P.S. und die Wochenzeitung WoZ den Entscheid in ausführlichen Beiträgen gewürdigt. Eine kleine Medienschau.
Im Artikel «Plötzlich ist die Altersvorsorge weg», der im Tages-Anzeiger und verschiedenen weiteren Zeitungen der TA-Media erschienen ist, beleuchtet Redaktor Bernhard Kislig die Praxis, dass viele Gemeinden Sozialhilfebeziehende zum Vorbezug des BVG-Guthabens verpflichten, sehr umfassend. Er verweist unter anderem auf die OECD, die die Schweiz für diese Praxis gerügt hat: «Die OECD hat das Schweizer System auch schon als nicht zeigemäss («archaic features») kritisiert. Denn viele Länder handhaben das anders. So muss etwa in Deutschland die Sozialhilfe nicht zurückerstattet werden.» Im Kommentar «Unwürdige Lotterie um die Altersvorsorge» findet er zudem deutliche Worte zur unhaltbaren Praxis vieler Gemeinden: «Es ist problematisch, dass viele Gemeinden Sozialhilfeempfängern das Altersguthaben aus der beruflichen Vorsorge bereits vor der Pensionierung abknöpfen. Diesen Gemeinden geht es um schnöde finanzielle Interessen.» Auch kritisiert Kislig die grosse Rechtsunsicherheit, die in der Sozialhilfe herrscht: "Bedenklich sind schliesslich die Rechtsunsicherheit und der grosse Ermessensspielraum in einigen Kantonen. Es kann sein, dass ein Sozialhilfeempfänger in einer Gemeinde sein gesamtes Vorsorgekapital abgeben muss und in der Nachbargemeinde gar nichts. (...) Das ist eine unwürdige Lotterie um die Altersvorsorge, die abgeschafft gehört.» Von einem wegweisenden Urteil in der Sozialhilfe spricht Redaktor Adrian Rilin in seinem Kommentar in der Wochenzeitung: «Das Urteil des St. Galler Verwaltungsgerichts kann als wegweisend bezeichnet werdenn - denn eine ähnliche Praxis ist auch in allen anderen Kantonen anzutreffen. Der Entscheid, der demnächst rechtskräftig werden dürfte, ist zwar für andere Kantone nicht rechtsverbindlich, dazu bräuchte es einen entsprechenden Bundesgerichtsentscheid. Doch gerade in Kantonen wie dem Thurgau, wo ein solches Vorgehen der Sozialbehörden gang und gäbe ist, wird es für die Gemeinden schwieriger, eine schlüssige Begründung für die Umgehung der bundesrechtlichen Vorgaben zu liefern.» Auch die Zeitung P.S. hat dem Thema einen Hintergrundartikel gewidmet. Redaktorin und Nationalrätin Min Li Marti analysiert im Beitrag «Erzwungener Pensionskassenbezug» neben dem St. Galler Fall einen ähnlichem Fall im Kanton Aargau, der dazu führte, dass der Kanton Aargau ab diesem Jahr die Richtlinien der SKOS übernimmt und es Aargauer Gemeinden somit verboten ist, auf Pensionskassengelder zurückzugreifen. Min Li Marti fragt zudem nach der Funktion und der Wirkung der Überbrückungsrente: «Diese ist geanu für jene Fälle gedacht, in denen eine Person kurz vor der Pensionierung arbeitslos wird. Allerdings wurde die Überbrückungsrente bis anhin nur selten ausgezahlt. Der "Beobachter" vermutet, dass dies an den zu restriktiven Bedingungen liege. So gäbe es keine Überbrückungsrente bei Zwischenverdiensten und auch nicht, wenn die Empfängerin oder der Empfänger nach der Pensionierung auf Ergänzungsleistungen angewiesen ist. Der ehemalige Ständerat Paul Rechsteiner hat hierzu eine Interpellation eingereicht. Der Bundesrat schreibt, dass das Gesetz vorsieht, dass fünf Jahre nach Einführung ein Bericht und allfällige Anpassungen wieder vorgelegt würden. Auf die Schnelle ist also hier nichts zu erwarten.