Fehlerhafte und unnötige Rechtsgrundlage für die Observation von Sozialhilfeempfangenden im Kanton Aargau
Der Grosse Rat des Kantons Aargau hat eine Rechtsgrundlage dafür geschaffen, dass Gemeinden praktisch freihändig die Observation von Sozialhilfebeziehenden verfügen können. Die UFS hat bereits im Vorfeld der Ratsdebatte diese Rechtsgrundlage zur Ablehnung empfohlen – leider erfolglos. Die ganze Medienmitteilung lesen Sie hier: Medienmitteilung_Observation_Sozhialhilfeempfangende_Kt.Aargau
Diese Rechtsgrundlage ist aus Sicht der UFS unnötig und fehlerhaft. Die Observation von Sozialhilfeempfangenden ist - wenn sie denn angezeigt ist - Sache der Polizei. Die Strafprozessordnung regelt sehr detailliert, wann und unter welchen Voraussetzungen verdeckt ermittelt werden darf. Eine parallele Möglichkeit zur Observation, die gar noch weniger rechtliche Leitplanken setzt, als dies bei der Observation von Verdächtigen schwerer Straftaten der Fall ist, ist unnötig und stossend.
Die Gemeinden können gemäss der neuen Rechtsgrundlage Observationen bis zu einer Dauer von 30 Tagen anordnen, ohne dafür eine Bewilligung vom Kanton einzuholen. Selbst unter der Prämisse, dass eine entsprechende Möglichkeit geschaffen werden soll - der Grosse Rat des Kantons Aargau ist ganz offensichtlich dieser Überzeugung -, ist die Aargauer Regelung aus rechtsstaatlicher Sicht nicht haltbar. Um Rechtssicherheit zu gewährleisten, wäre eine Bewilligungspflicht durch die entsprechenden Instanzen beim Kanton zwingend.
Die Unabhängige Fachstelle für Sozialhilferecht UFS erachtet die Möglichkeit, dass das Bundesgericht oder spätestens der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das Gesetz kassieren werden, als durchaus realistisch. Solange dies nicht der Fall ist, hat der Grosse Rat des Kantons Aargau jedoch eine Rechtsgrundlage geschaffen, die der kommunalen Willkür Tür und Tor öffnet.