Staatspolitische Kommission des Nationalrates will Pranger für Sozialhilfebeziehende einführen
Der Vorschlag, den Datenschutz von Sozialhilfebezieheden massiv einzuschränken, ist eines Rechtsstaates unwürdig.
Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates hat heute Freitag vorgeschlagen, den Datenschutz im Sozialhilfebereich massiv einzuschränken. Die Kommission schlägt – mit Stichentscheid von Kommissionpräsident Kurt Flury - vor, die Sozialhilfedaten von der Liste der besonders schützenswerten Personendaten zu streichen, die im Eidgenössischen Datenschutzgesetz aufgeführt sind. Aus Sicht der Unabhängigen Fachstelle für Sozialhilferecht UFS ist dies inakzeptabel – und rechtsstaatlich bedenklich.
Die Daten von Sozialhilfebeziehenden sind im speziellen Ausmass schützenswert. Die auf Sozialhilfe angewiesenen Personen – ein Drittel davon Kinder und Jugendliche – befinden sich sehr oft in einer ausgesprochenen Notsituation. Der Staat hat die verfassungsmässige Pflicht, die Armutsbetroffene zu unterstützen und schützen. Dazu gehört im speziellen auch ein ausgebauter Datenschutz.
Staatspolitische Kommission will noch weiter gehen
Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats begründet ihren Entscheid damit, dass es „im Interesse der Vertragspartner der Anbieter oder gar der Öffentlichkeit sein kann, zu wissen, ob eine Person Sozialhilfe bezieht.“ Die Erklärung ist nicht nur stossend und irritierend. Denn eigentlich sind persönliche Daten auch dann geschützt, wenn sie als nicht besonders schützenswert eingestuft werden. Doch offenbar will die Kommission selbst diesen Schutz aushöhlen. Ihr Ziel ist es, für Sozialhilfebeziehende einen öffentlichen Pranger einzuführen und die Betroffenen zusätzlich zu stigmatisieren. Das ist staatspolitisch ein Unding.
Das Vorhaben der Kommission ist zudem kontraproduktiv. Wenn Sozialhilfebeziehenden die Stellen- oder Wohnsuche erschwert wird, trifft dies nicht nur die Betroffenen hart, sondern führt auch bei Gemeinden und Kantone zu Mehraufwand und Mehrkosten.
Nun ist der Nationalrat gefordert, dem Vorschlag seiner Kommission eine Abfuhr zu erteilen.