Unausgewogene Zürcher Sozialhilfegesetzrevision braucht sorgfältige Überarbeitung
Medienmitteilung vom 12.12.2018
Der Zürcher Regierungsrat will das kantonale Sozialhilfegesetz revidieren. Hilfswerke, Beratungsstellen und Berufsverband kommen zum Schluss, dass der Entwurf unausgewogen ist. Er beinhaltet viele und weitreichende Verschlechterungen für Armutsbetroffene.
Nach ausführlicher Analyse drängt sich für die beteiligten Organisationen (in alphabetischer Reihenfolge)
- Avenir Social
- Caritas Zürich
- Demokratische Juristen und Juristinnen Zürich
- HEKS Regionalstelle Zürich
- Map-F
- Schweizerisches Arbeiterhilfswerk Zürich
- Schweizerisches Rotes Kreuz Zürich
- Sozialwerk Pfarrer Sieber
- Unabhängige Fachstelle für Sozialhilferecht UFS
die Schlussfolgerung auf, dass diese Revisionsvorlage eine einseitige ist. Die Unterstützung von armutsbetroffenen Kindern und Erwachsenen gerät in Anbetracht zahlreicher Verschärfungen weiter in den Hintergrund. Damit wird der gesellschaftliche Zusammenhalt langfristig aufs Spiel gesetzt. Wir ziehen daher eine sorgfältige und ausgewogene Überarbeitung des neuen Gesetzes einer möglichst raschen Umsetzung der Totalrevision vor.
Im SHG-Entwurf stehen folgende Punkte in besonderem Widerspruch zum Auftrag der Sozialhilfe:
- Im SHG-Entwurf fehlen klare und verbindliche Angaben zur Höhe und zur Ausgestaltung der wirtschaftlichen Hilfe. Das sorgt für Unsicherheit und birgt die Gefahr von Willkür und Leistungsabbau. Sinnvoll wäre es, die Leistungen wie bis vor wenigen Jahren üblich auf der Basis von statistischen Grundlagen auszugestalten und ein Einhalten der Mindestsätze der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos) vorzuschreiben.
- Es wird noch schwieriger für Betroffene, sich gegen Fehlentscheide der Behörden zu wehren. So können gewisse behördliche Auflage nicht mehr angefochten werden. Der Entwurf sieht zudem vor, dass bereits zwei Regelverstösse ausreichen, um einer Person bis auf die Nothilfe alle Leistungen zu kürzen. Wenn die Leistungen in dieser Weise gekürzt werden, ist dies für die betroffenen Personen existenzbedrohend und aus rechtsstaatlicher Sicht nicht haltbar.
- Die einzelnen Gemeinden sollen künftig 75 Prozent ihrer Sozialhilfekosten selbst tragen; ein Lastenausgleich fehlt zudem weiterhin gänzlich. Beides stärkt den negativen Anreiz, möglichst wenige Sozialhilfebeziehenden in der eigenen Gemeinde zu haben. Dem kann nur durch eine vollständige Übernahme der Sozialhilfekosten durch den Kanton oder einen vollständigeren Lastenausgleich wirkungsvoll begegnet werden.
- Die Gemeinden sollen gemäss der Vorlage weiterhin bestimmen können, wie viel Leistungen sie in der Asylfürsorge ausbezahlen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass dies zu grossen Differenzen zwischen den verschiedenen Gemeinden und damit zu einer Rechtsungleichheit für die Betroffenen führt. Verbindliche Richtlinien durch den Kanton könnten dies verhindern.
- Der Gesetzesentwurf schwächt den bereits im bestehenden Gesetz ungenügenden Datenschutz weiter ab. Die vorgesehene Meldepflicht für alle Behörden und Dritte ist in dieser Form einmalig. So werden etwa Vermietende und Mitbewohnende unfreiwillig zu Spitzeln. Kaum ein anderes Gesetz in Zürich und der Schweiz geht bei der Aushöhlung des Datenschutzes derart weit. Der Datenschutz wird faktisch ausser Kraft gesetzt - dies in einem besonders schützenswerten Bereich.
Beitrag Radio SRF Regionaljournal Zürich Schaffhausen vom 12.12.2018
Stellungnahme der UFS zum Entwurf des neuen Sozialhilfegesetzes im Kanton Zürich (12.12.2018)