Nichtbezug von Sozialhilfe: Vorstoss im Bundesparlament eingereicht
In der Schweiz verzichtet ein Drittel der armutsbetroffenen Personen auf ihren rechtmässigen Anspruch, Hilfe in Notlagen zu erhalten. Der Grund: mögliche negative Folgen. Ein im eidgenössischen Parlament neu eingereichter Vorstoss will diesen Systemfehler angehen. Die Unabhängige Fachstelle für Sozialhilferecht UFS und AvenirSocial, Berufsverband Soziale Arbeit Schweiz, begrüssen dies.
Wie Erhebungen zeigen, beträgt der Nichtbezug von Sozialhilfe mindestens 30 Prozent. Es ist höchst problematisch, dass Personen, die eigentlich Anspruch auf Unterstützung hätten, diese nicht einfordern. Diese Tatsache bedeutet ein Leben in grosser Armut und hat gravierende Folgen für die Betroffenen. Deshalb begrüssen die Unabhängige Fachstelle für Sozialhilferecht UFS und AvenirSocial, Berufsverband Soziale Arbeit Schweiz, den von der Waadtländer Nationalrätin Ada Marra eingereichten überparteilichen Vorstoss. Dieser bietet einen Hebel, um dem folgenschweren Nichtbezug von Sozialhilfeleistungen entgegenzuwirken.
Die parlamentarische Initiative verlangt, dass das Zuständigkeitsgesetz (ZUG) oder andere gesetzliche Grundlagen modifiziert werden, um die Hürden für den Bezug von Sozialhilfe abzubauen. So soll die Pflicht, dass Sozialhilfeleistungen nach Ende des Bezugs rückerstattet werden müssen, abgeschafft werden. Weiter sollen die Versuche einer Andersbehandlung verschiedener Anspruchsgruppen unterbunden werden. «Unabhängig davon, ob jemand über einen Schweizer Pass verfügt oder nicht, ist der Bedarf nach Unterstützung in einer Notsituation der gleiche», sagt Annina Grob, Co-Geschäftsleiterin von AvenirSocial.
Gemeinsam setzen sich UFS und AvenirSocial für die schweizweite Stärkung und Harmonisierung der Sozialhilfe ein. Denn nur durch eine schweizweite gleiche Handhabung wird eine rechtsgleichere Behandlung von Personen möglich, die auf Unterstützung durch die öffentliche Hand angewiesen sind. Und somit wird Armut gesamtheitlich bekämpft und Anreize, Leistungsempfänger*innen zwischen den Sozialwerken hin- und herzuschieben, werden abgebaut.
Weitere Informationen:
- Parlamentarische Initiative (21.454) von Ada Marra (aktuell nur auf Französisch verfügbar)
- Positionspapier der Allianz «Austausch Armut» der Betroffenenorganisationen und Organisationen aus dem Bereich der Armutsbekämpfung und -prävention (Mai 2021)
(publiziert: 18. Juni 2021)