Zu Unrecht nicht bezahlt
Sozialämter müssen notwendige Zahnbehandlungen vollständig bezahlen. Diese Praxis stützt auch ein neues Urteil.
Entzündete Backenzähne, blutendes Zahnfleisch, wackelnde Schaufeln: Zahnprobleme sind ebenso schmerzhaft wie verbreitet. Für Menschen in der Sozialhilfe führen Zahnbehandlungen darüber hinaus immer wieder zu Problemen mit den Sozialämtern, weil letztere die Kosten nicht oder nicht gänzlich übernehmen wollen. Dabei ist die Rechtsgrundlage eigentlich klar: Notwendige Zahnbehandlungen müssen von den Sozialdiensten grundsätzlich vollständig übernommen werden*.
Dies bestätigt auch ein neues Gerichtsurteil des Aargauer Verwaltungsgerichts. Letzteres pfiff eine Gemeinde zurück, die einer sozialhilfebeziehenden Person die Hälfte der Behandlungskosten auferlegen wollte. Dass der Vertrauenszahnarzt der Gemeinde die Behandlung für angezeigt erachtete, änderte nichts an deren Vorgehen. Doch das Gericht stellte klipp und klar fest: Notwendige Zahnbehandlungen müssen in jedem Fall komplett vom Sozialamt bezahlt werden. Über einen Ermessensspielraum verfügten die Gemeinden dabei nicht, schreibt das Gericht weiter. Das Sozialamt wollte das Urteil aber nicht akzeptieren - und zog es ans Bundesgericht weiter. Diese trat auf die Beschwerde nicht ein. Das wichtige Urteil (Urteilsnummer: WBE.2021.68) ist damit rechtskräftig und muss von allen Aargauer Sozialdiensten berücksichtigt werden.
* Drei wichtige Ergänzung dazu: Die Sozialämter müssen nur Behandlungen übernehmen, die «einfach, zweckmässig und wirtschaftlich» sind. Ausser in Notfällen ist es für Sozialhilfebeziehende zudem zwingend, erst einen Kostenvoranschlag einzuholen. Andernfalls laufen sie Gefahr, die Kosten selber tragen zu müssen. Die Gemeinden haben zudem die Möglichkeit, die freie Arztwahl einzuschränken und einen Vertrauenszahnarzt beizuziehen.
(publiziert: 9. November 2021)